Pressemitteilung
Stellungnahme des ÖDP-Kreisverbandes zur Corona-Krise
In den letzten sechs Wochen wurden unserer Grundrechte massiv eingeschränkt. In das Recht auf Berufs- und Eigentumsfreiheit wurde eingegriffen ebenso wie auch in das Recht auf Bildung, auf Versammlungsfreiheit, freie Religionsausübung - letztlich alle Grundrechte wurden durch das Infektionsschutzgesetz und v.a. Infektionsschutzverordnungen der Exekutive, beschränkt bzw. komplett ausgesetzt. Dabei wäre der komplette Shutdown evtl. vermeidbar gewesen, hätte man sich sofort nach dem Ausbruch in Wuhan an den im Jahr 2012 von der Bundesregierung beschlossenen Pandemieplan gehalten und Flüge gestoppt, Risikogruppen geschützt. Aber auch wenn der Shutdown zu dem Zeitpunkt Mitte März unvermeidbar gewesen wäre, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden, müssen wir jetzt wieder in die Normalität zurückkehren und unsere im Grundgesetz verankerten Rechte wieder im vollen Umfang erhalten.
Die aus Sicht des Umweltschutzes positiven Nebeneffekte des Shutdowns stehen negativen Effekten in vielen Bereich unseres Lebens und unserer Gesellschaft gegenüber. Der CO²-Ausstoss ist zwar aktuell deutlich gesunken, und es ist zu hoffen und wünschen, dass viele ihr Konsumverhalten und ihre Urlaubsgewohnheiten überdenken, so dass auch in Zukunft nach dem „Wiederhochfahren“ der Treibhausausstoß niedriger bleibt als vor der Krise.
Andererseits drohen massive sozio-ökonomische Schäden, die uns lange Zeit vor große Herausforderungen stellen werden. So ist zu befürchten, dass durch die Zunahme der Kurzarbeit und steigende Arbeitslosigkeit die soziale Ungleichheit steigt und das Armutsrisiko für große Teile der Gesellschaft, auch die Mittelschicht, steigt.
Der Satz „Corona ist für alle gleich oder trifft alle gleich“ stimmt nämlich so nicht. Durch die vielen Beschränkungen steigt die Ungleichheit im hohen Maße. Viele – vor allem kleine Unternehmen – wissen nicht, wie es weiter gehen soll. Inhaber von Restaurants, Hotels, Friseursalons usw. haben überhaupt kein Einkommen mehr. Die finanziellen „Rettungspakete“ von Bund und Ländern sind in vielen Fällen unzureichend und bürden, da sie durch zusätzliche Verschuldung finanziert werden müssen, zukünftigen Generationen weitere Milliarden auf, die sie – neben steigenden Sozialabgaben – auch noch abtragen müssen.
Der ökonomische Schaden ist aber nur ein Aspekt. Die soziologischen Folgen sind ebenso unabsehbar. Kinder und Familien sind aktuell besonders belastet. Die Bildung und Betreuung der Kinder ist komplett den Familien überlassen. Dabei ist bekannt, dass damit viele Familien aus vielfältigen Gründen überfordert sind, nicht nur dadurch, dass sie nicht über die technischen Mittel verfügen, um am E-Learning teilzunehmen. Viele Schüler*innen werden trotz großer Bemühungen der Lehrkräfte abgehängt. Dazu kommt, dass Eltern zugemutet wird, im Homeoffice Arbeitsleistung zu erbringen, während sie gleichzeitig Kleinkinder betreuen und/oder Schulkinder beschulen, beschäftigen und auch noch emotional auffangen sollen.
Betagte Menschen oder auch psychisch kranke Menschen können nicht mehr so betreut und besucht werden, wie es für sie nötig wäre. Sterbende können nicht begleitet werden. Das sind menschenunwürdige Zustände, die schnellstens zu beenden sind.
Schließlich droht im Windschatten der Corona-Krise auch die totale Überwachung der Menschen. Viele sind der Meinung, dass man durch eine App, die Bewegungsmuster und sämtliche Begegnungen mit anderen Personen aufzeichnet, das Virus „beherrschbar“ machen könnte, und stellen diese als Allheilmittel dar. Doch wird eine technologische Überwachung erst einmal eingeführt, dann ist eine Zurücknahme der Maßnahmen kaum mehr möglich und wird auf weiter Bereiche ausgedehnt werden.
Auch der Impfzwang wird im Zusammenhang mit Corona schon diskutiert. Einige Politiker haben sich, kaum dass die ersten Versuche mit einem Impfstoff begonnen haben, bereits dafür ausgesprochen. Dabei ist über das Virus und die Wirksamkeit eines Impfstoffes noch viel zu wenig bekannt. Falls ein wirksamer Impfstoff gefunden wird, sollte eine Impfung auf Freiwilligkeit beruhen. Sicher ist sie wie bei der Influenza-Impfung Risikogruppen zu empfehlen, aber jede(r) muss sich frei dafür oder dagegen entscheiden können.
Bei aller berechtigten Vorsicht sind alle politischen Entscheider dazu aufgerufen, zwei wichtige grunddemokratische Prinzipien deutlich stärker zu beachten: Den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den der Privatautonomie. Bürgerinnen und Bürger sind als mündige und verantwortungsbewusste Menschen zu behandeln. Das erfordert, dass man die Bevölkerung bei allen Maßnahmen umfassend und wahrheitsgemäß informiert, keine Angst und Panik schürt und die Politiker*innen auch Vertrauen in das Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung haben. Fühlen sich die Menschen mitgenommen, sind viele auch freiwillig bereit, notwendige (!)Beschränkungen wie Abstands- und Hygieneregeln auf sich zu nehmen. Angst war aber noch nie ein guter Ratgeber.
Neben der Corona-Krise sollten wir schließlich alle die Klimakrise nicht aus den Augen verlieren, zuvorderst die Politik Angesichts dieser Krise, die nicht nur eine punktuelle, sondern eine globale und langfristige Bedrohung darstellt, fand sich bisher noch nicht einmal eine Mehrheit für eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf deutschen Autobahnen. Hier ist dringend ein Umdenken erforderlich.
Die derzeit eindimensionale, nur auf Bekämpfung des Corona-Virus ausgerichtete Politik auf sämtlichen Ebenen, und die damit einhergehende überschießende Beschneidung aller Grundrechte der Bevölkerung müssen endlich beendet werden.